Neuer Schwung für die Klimaverhandlungen?

Ein Beitrag von Arne Jungjohann

Die Übereinkunft zwischen den USA und China über ihre Klimaschutzziele ist überraschend. Sie bringt neuen Schwung in die internationale Klimadiplomatie. Zusammen mit dem 40% Reduktionsziel der EU haben sich jetzt die drei wichtigsten Klimablöcke, global für 55% der Emissionen verantwortlich, substanzielle Reduktionsziele gesetzt.

Hintergrund: Nach 9-monatigen Verhandlungen haben US-Präsident Barack Obama und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping für ihre Länder neue Klimaziele gesetzt. Die USA würden bis zum Jahr 2025 den Ausstoß von Treibhausgasen um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 reduzieren. Xi Jinping kündigte für China an, bis zum Jahr 2030 den Anteil erneuerbarer Energien auf 20 Prozent zu steigern. Peking verpflichtete sich nicht direkt zu einer Reduktion von Treibhausgasen. Um den Energiehunger in dem aufstrebenden Schwellenland zu decken, setzt die Regierung weiterhin auf den Bau von neuen Kohlekraftwerken. Allerdings gab Xi Jinping das Ziel aus, spätestens im Jahr 2030 den Höchststand im Ausstoß des klimaschädlichen CO2 zu erreichen. China und die USA haben zudem vereinbart, bilateral weiter zu kooperieren, um vor allem erneuerbare Energien, Energieeffizienz und CCS voranzubringen, die besonders klimaschädlichen HFC-Gase weiter zu senken und den Klimaschutz in Städten zu stärken.

Kritiker haben Recht, der Klimapakt zwischen den USA und China offenbart einige Schwächen:

  1. Die angekündigten Ziele sind zu schwach, um die globale Erwärmung unter 2 °C zu halten – auch nicht wenn andere Staaten mitmachen würden. Das Erreichen dieser Ziele alleine hätte noch immer eine durchschnittliche Erwärmung von 3,8C zur Folge.
  2. Die große Unbekannte liegt im chinesischen Emissionspfad. Offen bleibt, wie stark Chinas Emissionen die nächsten 16 Jahre weiter anwachsen und auf welchem Niveau sie „peaken“.
  3. Und ja, die Ankündigung ist rechtlich nicht bindend. (Aber ehrlicherweise haben wir dafür ja das Völkerrecht unter dem Dach der UN).

Trotz dieser Schwächen ist die Ankündigung ein Durchbruch, der positives Momentum entfalten wird:

  1. Der politische Stillstand zwischen den China und den USA, hinter dem sich andere verstecken konnten, ist beendet. Mit dieser Vereinbarung beginnen die beiden Klimaschwergewichte zu kooperieren anstatt sich gegenseitige Tatenlosigkeit vorzuwerfen. Die Wahrscheinlichkeit unter 2 Grad zu bleiben ist damit deutlich gestiegen. Denn auch wenn es von Pessimisten manchmal angezweifelt wird, weist PIK-Klimatologe Stefan Rahmstorf zurecht darauf hin: Noch ist die 2-Grad-Grenze einhaltbar – und das sogar zu erstaunlich geringen Kosten von jährlich nur ca. 0,06% des weltweiten Wirtschaftswachstums. Dass China sich erstmals überhaupt zu Minderungen verpflichtet und dies nicht unilateral, sondern gemeinsam mit den USA verkündet, hat eine neue Qualität und nimmt der US-Rechten ihr letztes Argument, Tatenlosigkeit der USA mit Verweis auf China zu rechtfertigen.
  2. Der vielleicht bedeutendste Teil des Pakets ist Chinas Verpflichtung zum Ausbau der erneuerbaren Energien in bisher unbekannten Dimensionen. Dem Ziel, den Anteil der erneuerbaren Energien auf 20% zu verdoppeln, wird eine ambitionierte nationale Ausbaupolitik folgen. Allein in 2014 hat China $12 Mrd. in Fotovoltaik (Zubau in 2014: 13-14GW) investiert. Der chinesische Nachfrageboom wird die Preise der erneuerbaren Technologien weltweit weiter sinken lassen.
  3. Die Obama-Regierung verpflichtet sich zu neuen Zielen über 2020 hinaus, obwohl innenpolitisch eisiger Gegenwind weht. Sie reizt damit alle Karten aus, die sie auf der Hand hat. Das Ziel bedeute auch, dass die USA ihre Emissionen künftig schneller reduzieren als bislang. Im Gegensatz zum Klimagesetz von Waxman-Markey (minus 30% THG bis 2025) soll das Klimaziel zudem komplett national – und nicht durch internationale offsets – erreicht werden. Es dürfte allerdings schwer werden, das neue Ziel ohne zusätzliche Gesetze zu erreichen. Andererseits ist davon auszugehen, dass Innovation und fallende Preise bei den erneuerbaren Energien weitere Einsparpotenziale bieten, argumentiert das World Resources Institute.

Man sollte nicht naiv sein: Die Ankündigungen reichen bei weitem nicht aus, um das Schlimmste beim Klimawandel zu verhindern. Die Messlatte liegt noch zu niedrig. Doch es wird neuen Schwung in die Klimaverhandlungen bringen. Es geht jetzt darum, den Ehrgeiz zu steigern. Wenn andere Länder nachziehen, kann sich das zu einem race-to-the-top entwickeln.


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