Emissionsminderung aus vermiedener Entwaldung (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation = REDD) gilt als Klimaschutz und wird seit der UN Klimakonferenz in Bali 2007 als konkretes Instrumement diskutiert. Regierungen, Banken, Expert/innen und NGOs, die ein solches Instrument als Kompensationsmöglichkeit für fossile Emissionen begreifen, organisieren seit Jahren Veranstaltungen, produzieren Berichte, erarbeiten Umsetzungskonzepte und finanzieren konkrete Projekte.
Dabei sind die Konfliktlinien rund um die Einbeziehung von Wäldern in den Klimaschutz in den letzten Jahren bzw. Jahrzehnten dieselben geblieben und es gibt eine ganze Reihe von blinden Flecken, Missverständnissen und gezielter Missinformation. Diese deckt das World Rainforest Movement mit Unterstützung der Heinrich-Böll-Stiftung Cono Sur und der Swedish Society for Nature Conservation im aktuellen Bericht „REDD: A Collection of Conflicts, Contradictions and Lies“ an Hand von 24 konkreten REDD-Fallstudien auf.
Die lokale (und oft indigene) Bevölkerung, die in den betroffenen Waldregionen lebt, wird selten gefragt, ob sie ein solches Projekt überhaupt wollen. Statt die Ursachen von Entwaldung zu adressieren (nämlich z.B. die industrialisierte Landwirtschaft), werden die indigenen Waldnutzer/innen als Störfaktoren ausgemacht. Ein Regime von CO2-Zertifikaten (das zwar nicht den Wald an sich privatisiert, aber eine ‚Ökosystemdienstleistung‘ – nämlich die CO2-Speicherfähigkeit der Biomasse – in ein handelbares Gut verwandelt) untergäbt fundamentale Menschenrechte, führt zu sozialen Konflikten (z.B. um die Verteilung der Einnahmen aus dem Handel) und trägt letztlich wenig zum Klimaschutz bei.
Denn zum einen geht es ja bei REDD vor allem darum, durch ein Weniger an Entwaldung ein Mehr an Emissionen aus fossilen Brennstoffen zu kompensieren. Das ergibt bestensfalls Null und in jedem Fall eine ziemlich unsichere Rechnung, die auf vagen Zukunftsannahmen basiert (was wäre gewesen, wenn…). Und zum anderen verlagert REDD das politische Augenmerk auf die ‚Einsparungspotentiale‘, die in den tropischen Regenwäldern und damit den Entwicklungsländern schlummern und nimmt damit den Druck auf die eigentlichen Treiber der Klimakrise: nämlich die fossile Industrie und die industrialisierte Landwirtschaft. Das ist zwar bequem, aber letztlich nicht nur unwirksam, sondern ungerecht.
Viele der Projekte, die WRM unter die Lupe genommen hat, wurden von ‚unabhängigen‘ Expert/innen evaluiert und bekamen Bestnoten. Die nun zusammengetragenen Informationen zeichnen ein ganz anderes Bild.
Deutschland ist international einer der wichtigsten Geber im Bereich Waldschutz und finanziert z.B. REDD-Projekte in Ecuador und Indonesien. Insgesamt gibt die Bundesregierung jährlich weit über eine halbe Milliarde Euro für REDD aus. Aber kaum jemand schaut der Bundesregierung dabei auf die Finger – ganz zu ihrer Freude, wie ein Bericht vom Dezember 2014 belegt:
The German support for REDD+ is mainly discussed among experts and that has never been intensively discussed in the German media or the parliament. It is seen as part of Germany’s traditional development cooperation and as an element of the efforts related to climate change – compared to other countries both relatively uncontroversial topics.
Man kann nur hoffen, dass die von der Autorin Jutta Kill gut dokumentierten Fallstudien nun eine politische Debatte befördern – auch in Deutschland.