Was soll man da noch sagen oder schreiben? Claudia Kemfert vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) bringt es im Interview mit den Klimarettern auf den Punkt: Deutschland hat sich mit der Absage an die Klimaabgabe von seinem Klimaziel (40 % Reduktion bis 2020) verabschiedet. Das sind keine guten Nachrichten so kurz vor der Klimakonferenz in Paris.
Das Eckpunktepapier des BMWi vom 1. Juli kommt zwar rechnerisch immer noch zum Schluss, dass die Klimaschutzlücke zu schließen wäre. Allerdings fußen diese Berechnungen auf vielen Unsicherheiten (z.B. Zukunft Europäischer Emissionshandel?) und auch Schönrechnerei (welche Kraftwerke sollten eh abgeschaltet werden und welche kommen nun neu hinzu?). Unklar ist auch, was die Europäische Kommission zu den geplanten Subventionen sagen wird.
Insgesamt jedenfalls bezeichnen so machen das Paket zu Recht als „Hartz IV für die Energiewirtschaft“. Und das bezahlen natürlich die Steuerzahler/innen. In Claudia Kemferts Worten:
Der Strompreis für Haushalte wird deutlich steigen. Für die Mehrkosten gibt es drei Gründe. Erstens: Die deutschen Überkapazitäten nehmen durch das Stilllegen von 2,7 Gigawatt Leistung kaum ab. Mit der Reserve sinkt der Strompreis an der Börse, gleichzeitig steigt aber die EEG-Umlage. Zweitens: Mit dem Zubau von Kraft-Wärme-Kopplung steigt auch die KWK-Umlage auf der Stromrechnung. Und drittens: Parallel hat die Koaliton nun auch Entscheidungen zum Netzausbau getroffen. Sie setzt dabei unter anderem auf die teure Erdverkabelung. Dass nun die Bürger die Klima-Rechnung für die Energiekonzerne zahlen sollen, ist nicht gerecht.
Doch totaler Pessismismus wäre auch fehl am Platz. Denn imerhin ist es dank beharrlichen Drucks aus Zivilgesellschaft, politischer Opposition (teils auch aus den Reihen der Großen Koalition selber), Wissenschaft und lokaler Protestbewegung gelungen, das Thema „Kohleausstieg“ fest auf der politischen Agenda in Deutschland zu verankern. Das wäre vor ein bis zwei Jahren noch kaum denkbar gewesen. Wir sind sozusagen am Anfang vom Ende oder am Ende vom Anfang des Kohleausstiegs.
Zwar hat Gabriel (und letztlich eben auch Merkel) dem Druck von RWE, IG BCE, BDI und anderen nachgegeben – aber nur in der Frage des Wie und des Wann, nicht in der Frage ob Deutschland aus der Kohle aussteigen muss.