Die Exxons der Landwirtschaft

Während der Lobbyeinfluss der Öl-, Gas- und Kohleindustrie auf internationale Klimapolitik und die UN-Verhandlungen schon längst in aller Munde ist, gibt es auch in der Landwirtschaft Akteure, die vom fossilen Business as Usual massiv profitieren und ihren Einfluss in den entsprechenden Gremien geltend machen. Die NGO GRAIN weist in einem aktuellen Bericht nun ganz deutlich auf die Rolle der Düngemittelkonzerne hin und nennt diese die „Exxons der Landwirtschaft“ – Exxon gilt unter den Ölkonzernen als besonders schuldig, wenn es um die Verhinderung von Klimapolitik geht.

Offensichtlich sind die Düngemittel- und Agrobusinesskonzerne fast noch schlauer als die fossile Industrie (oder eben noch unbeobachteter): denn während inzwischen der Ruf nach einem klaren Ausstieg aus der Nutzung von Kohle, Öl und Gas in den Klimaverhandlungen immer lauter wird und eine große Allianz sich bemüht, Industrievertreter dieser Branche aus den Verhandlungen zu bannen, gibt es nur eine einzige größere Initiative zum Thema Klimawandel und Landwirtschaft, an der sich viele Regierungen beteiligen, die „Global Alliance for Climate Smart Agriculture“ – und die wird von den größten Düngemittelkonzernen der Welt kontrolliert!

Quelle: GRAIN -The Exxons of Agriculture
Quelle: GRAIN -The Exxons of Agriculture

Mit dabei sind Yara aus Norwegen und Mosaic aus den USA. Und auch wenn die meisten Menschen beim Thema Fracking (Schiefergas) eher an Shell, Exxon und Chevron denken, so ist es doch der Konzern Yara, der die Aktivitäten der Pro-Schiefergas-Lobby in Europa koordiniert. Und einen Großteil des Schiefergases, das in den USA durch Fracking produziert wird, kaufen die Düngemittelkonzerne auf. Denn die Herstellung von Stickstoffdünger benötigt eine unglaubliche Menge an Energie. Laut GRAIN verbucht die Düngemittelindustrie gar 1-2 % des globalen Energieverbrauchst für sich und verantwortet etwa den gleichen Anteil an globalen Treibhausgasemissionen – Tendenz steigend.

Dabei entsteht der Großteil der Emissionen, die auf den Einsatz dieses Düngers zurückgehen, gar nicht beim Produktionsprozess, sondern bei der Nutzung im Boden. Der Weltklimarat IPCC schätzt, dass für jede 100 kg Stickstoffdünger, die in den Boden gebracht werden, etwa 1 kg als Stockstoffoxid (N2O) in der Atmosphäre landet – und dieses Gas hat einen Treibhausgaseffekt, der 300 Mal größer ist als CO2. Allein in 2014 entsprach das den Emissionen vpon 72 Millionen Autos in den USA. Doch es kommt noch schlimmer: Neue Studien zeigen laut GRAIN, dass diese Zahlen eigentlich 3 bis 5 Mal höher liegen.

Ebenso wie die Öl- und Kohlekonzerne schon sehr lange wissen, dass ihre Produkte das Klima anheizen, weiß das auch die Düngemittelindustrie. Und so wie es mit dezentralen erneuerbaren Energien eine Alternative zu den fossilen Energieträgern und Monopolen der Konzerne gibt, gibt es auch agroökologische Praktiken, die ohne chemischen Dünger auskommen und die Ernährungssicherheit von Millionen Kleinbäuerinnen und -bauern im Globalen Süden verbessern würden. Und genau deshalb investieren die Konzerne in eine aggressive Lobbyingstrategie, um ihr Geschäftsmodell zu retten und stellen sich selber als Teil der Lösung dar, nicht als Teil des Problems.


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