Angesichts der rasanten Ausbreitung des Zika-Virus in Lateinamerika gibt es derzeit eine hitzig geführte Debatte um die Frage, ob es sinnvoll sei, ganze Mückenpopulationen (die diesen und andere Viren verbreiten) mit Hilfe neuer extremer Formen von Gentechnik auszurotten. Zur medizinischen Anwendung solcher Verfahren kann und möchte ich mich nicht äußern. Hier verweise ich gern auf die Berichte und Studien vom Third World Network, ETC Group und GeneWatch.
Ich will hier allerdings kurz einen Einblick in die kritische Debatte geben, die im Bereich Klimapolitik, Landwirtschaft und Schutz von Biodiversität zivilgesellschaftlich rund um die Anwendung der sog. Synthetischen Biologie geführt wird. Zentral ist hier u.a. die Anwendung von sog. „Gene Drives“, um die es auch beim Zika-Virus geht.
Was sind Gene-Drives? Hier eine kurze hilfreiche Erklärung, die ich bei Spektrum gefunden haben:
Normalerweise brauchen DNA-Veränderungen eines Organismus sehr lange, bis sie sich einer ganzen Population ausgebreitet haben. Das liegt daran, dass eine Mutation in der Regel nur auf einem der zwei Chromosomen auftritt und somit nur an die Hälfte der Nachkommen weitergegeben wird. Beim Gene Drive kopiert sich aber die auf einem der Chromosomen eingeführte Mutation selbstständig auf das Schwesterchromosom, so dass von Generation zu Generation letztendlich alle Nachkommen die Veränderung erben. Damit verbreitet sie sich exponentiell und schneller als sonst, und beispielsweise die in eine Stechmücke eingeführte Mutation könnte sich innerhalb einer Saison in einer großen Population ausbreiten. Wenn diese Mutation nun die Menge an Nachkommen reduziert, könnte damit relativ schnell die Population ausgerottet werden, zusammen mit all den Malariaparasiten, welche die Moskitos in sich tragen.
Wo und wie wird das im Bereich Klima & Landwirtschaft diskutiert? Das haben wir Ende letzten Jahres in einer gemeinsamen Studie mit der ETC Group beschrieben. Unter dem Deckmäntelchen einer „Climate-Smart Agriculture“-Strategie geht es hier den großen Agrobusiness-Konzernen wie Monsanto darum, ihr zerstörerisches Modell in die Zukunft zu retten. Das Modell basiert ja darauf, dass gentechnisch verändertes Saatgut verwendet und alles störende Umkraut mit Hilfe von massivem Pestizideinsatz (vor allem Glyphosat) vernichtet wird. Als „climate-smart“ bezeichnen die Konzerne das Modell gerne, weil der Boden unter diesen Bedingungen nicht gepflügt werden muss – was ja CO2-Emissionen einspare. Nun werden aber nach und nach immer mehr Pflanzen resistent gegen die verwendeten Pestizide – ein Problem für die profitgetriebenen Konzerne. Da sollen nun Gene Drives Abhilfe schaffen und die Pestizifresistenz rückgängig machen.
Ein Zitat aus unserem Bericht Outsmarting Nature:
„Synthetic biologists also envision the use of gene drives to address the problem of weeds that have evolved resistance to pesticides in agriculture. (A problem that proliferated with the introduction of biotech’s first generation of genetically engineered crops – i.e., herbicide tolerant crops). In other words, researchers theorize that synthetic gene drives could be used to reverse pesticide and herbicide resistance in insects and weeds by making them genetically susceptible to the agrochemicals that used to poison them. […] It is a classic techno-fix that seeks to address a problem created by biotech’s failed technology (herbicide tolerant crops). If realized, it will entrench corporate farming and reinforce farmers’ dependence on toxic agrochemicals.“