In einem Jahr kann viel passieren. Das gilt auch für die Klimapolitik. Vor genau einem Jahr war die Stimmung noch gut: der „Geist von Paris“ tauchte auch Wochen nach der COP 21 die klimapolitische Welt noch in rosaroten Hoffnungsschimmer. Der Schwung reichte sogar bis in den Oktober, als nach einem schwindelerregend schnellen Prozess der Ratifizierung die doppelte 55 % Marke geknackt war und das Pariser Klimaabkommen dann kurz darauf (am 5. November 2016) in Kraft treten konnte. Und dann: Trump. Das rosarote Licht schlug von einem Moment auf den anderen in Katerstimmung und Grauen um.
Eine Welt mit Trump als Präsident der USA wird eine andere sein als die, die wir kennen. Allerdings hat das rosarote Leuchten von Paris auch einige andere Trends und Fakten verhüllt, die nun im fahlen Licht der Realität umso besorgniserregender erscheinen. Denn Trump ist beileibe nicht der einzige rechte Populist auf der Welt und die Klimapolitik erlebt (wie so viele andere progressive Politiken) in weit mehr Ländern als in den USA einen enormen Rollback!
Um das nochmal ganz klar zu sagen: Weder war die USA (auch unter Obama) jemals internationale Vorreiterin in Sachen Klimapolitik noch wird man Trump alleine für ein kollektives Scheitern bei der Einhaltung der 2°C Obergrenze verantwortlich machen können. In wichtigen Öl- und Kohleländer wie Russland, Türkei, Polen, Indien, Indonesien und Saudi Arabien verhindern diverse nationalistische und konservative Strömungen unterschiedlicher Ausrichtungen eine echte Transformation von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Klimapolitik steht da – wenn überhaupt – nur als Problemthema auf der politischen Agenda.
Was heißt das für das neue Jahr 2017, das gerade erst begonnen hat? Welche Themen und Meilensteine stehen in den kommenden Monaten an? Hier eine kleine (ganz persönliche und vollkommen unvollständige) Auswahl:
- Beim G20-Gipfel unter deutscher Präsidentschaft im Juli in Hamburg müssen sich die Chefs und Chefinnen der größten Wirtschaftsnationen nicht nur mit alten Versprechen (z.B. Abbau fossiler Subventionen, Mobilisierung von Klimafinanzierungsgeldern) befassen. Die Bundesregierung will als Gastgeberin einen besonderen klima- und energiepolitischen Fokus setzen.
- Die UN-Klimaverhandlungen tagen dieses Jahr zwei Mal in Bonn: Zwischenverhandlungen gibt es vom 8. bis 18. Mai. Und die COP 23 findet – allerdings unter der Präsidentschafts des kleinen Inselstaates Fidji – vom 6. bis 17. November ebenfalls in Bonn statt. Dabei müssen die Delegierten sich nicht nur auf jecke Streiche am 11.11. um 11:11 h einstellen, sondern auch auf zahlreiche Kohlegegner/innen, die sich die Gelegenheit einer internationalen Klimakonferenz in Nähe des Rheinischen Braunkohlereviers sicherlich nicht entgehen lassen werden.
- Ein zentrales Thema für die Bundestagswahl im September wird sicherlich – neben den vielen anderen „wichtigeren“ Theman – der Ausstieg aus der Kohleverstromung: Wie gelingt eine ambitionierte Umsetzung des Klimaschutzplans 2050? Wie muss der konkrete Zeitplan für den Kohleausstieg aussehen? Wie organiseren wir einen gerechten Strukturwandel in den Braunkohleregionen? Diese und andere Fragen müssen die Parteien im Wahlkampf beantworten.
- Das Winterpaket der EU wird weiter verhandelt. Die im Dezember geleakte Fassung lässt ja eher nichts Gutes ahnen. Die gebündelten Gesetzesvorschläge mit dem Versprechen „Clean Energy for All Europeans“ umfassen über tausend Seiten.
- Die internationale Klimabewegung – als ein Sammelbecken verschiedener Bewegungen und Strömungen – wird sicherlich auch im Jahr 2017 an Fahrt gewinnen. Ich erwarte eine zunehmend lautere Einmischung der Divestment-Bewegung ins aktuelle politische Tagesgeschäft, die hoffentlich auch neue konkrete Divestment-Entscheidungen nach sich ziehen wird.
- Überall auf der Welt sind zudem rechtliche Initiative und neue Klimaklagen auf dem Weg – gegen große Verschmutzer, gegen untätige Regierungen, gegen korrupte Manager und gegen klimaschädliche und menschenverachtende Großprojekte.
- Ein noch recht neues klimapolitisches Thema, nämlich Geoengineering, wird bereits 2017 bestimmt deutlich mehr Aufmerksamkeit erfahren als noch 2016. Unter anderem im Rahmen der seitens des IASS geplanten internationalen Geoengineering-Konferenz, die im Oktober in Berlin stattfindet.
Denn je knapper die Zeit wird und je schneller das globale CO2-Budget schrumpft, desto verrückter und unverantwortlicher werden die Lösungsvorschläge – und desto enger wird der Tunnelblick auf diejenigen Auswege gerichtet, die letztlich noch mehr Business as Usual versprechen. Und so mag es auch nicht verwundern, dass es zahlreiche Trump-Fans und Trump-Berater gibt (sowie zahlreiche militärische Interessen), die Geoengineering befördern wollen, weil es die perfekte Lösung ist für ein Problem, das aus ihrer Sicht eigentlich gar nicht existiert. Und damit wären wir auch in der Klimapolitik längst im postfaktischen Zeitalter angekommen…
Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern das Beste für 2017 – es gibt viel zu tun!