Tanz um die Tote Kuh. Das Megaprojekt Vaca Muerta in Argentinien

Rettung aus der (energie)wirtschaftlichen Misere Argentiniens scheint möglich: In der Provinz Neuquén im Norden Patagoniens lagern enorme Vorkommen an Schiefergas und Schieferöl. Die Formation Vaca Muerta (spanisch für Tote Kuh) könnte das drittgrößte  Schieferöl- und gasvorhaben weltweit werden. Argentinische Privathaushalte aber vor allem auch die Schwerindustrie sollen mit einheimischem Gas versorgt werden, auch Exporte würde das riesige Potential möglich machen. Die Erschließung erfolgt seit 2010 mit Hilfe von Fracking. In den USA wird diese Technologie seit Jahrzehnten angewandt und hier wurden die Risiken für Mensch, Umwelt, Gesellschaft und Klima schon weitgehend erforscht und beschrieben.

Die argentinische Zivilgesellschaft beobachtet das Geschehen kritisch und mit großer Sorge. Soeben sind zwei Briefings  von Observatorio Petrolero Sur und Taller Ecologista Rosario erschienen:

Vaca Muerta. A fracking time bomb in Patagonia gibt einen weiten Überblick über das geplante Projekt: Seinen Umfang, die wirtschaftlichen Interessen, Finanzstrukturen, Umweltrisiken, Gesundheitsrisiken.

Im Briefing Winners and Losers in Argentina in the Age of Unconvenational Hydrocarbons tauchen die Autor/innen tiefer ein in die Sonderbedingungen, die für Unternehmen und Investoren geschaffen wurden, die staatlichen Subventionen und Transfers zur Finanzierung der Vorhaben, die Belastung privater Verbraucher durch den Finanzbedarf und Alternativen zur Ausbeutung unkonventioneller Gasressourcen.

Das Projekt hat Wirkungen weit über die Region hinaus. Die Autor/innen fürchten:

Vaca Muerta is presented as a test case for the Global South, and especially for the Latin American region, where several governments are proposing new unconventional projects.

Parallel sind umfangreiche und finanzschwere Infrastrukturmaßnahmen in Planung und im Bau: Abbau von Sand, Abraumhalden und –deponien, Pipelines, Zugstrecken, Landstraßen und Gasverflüssigungsanlagen für den Export. Finanziert teils durch internationale Entwicklungsbanken.

Und wie immer hat das alles sehr viel mit dem globalen Klima zu tun: Neben allen anderen negativen Folgen für die Umwelt ist beim Fracking das Entweichen von Methan, ein hochpotentes Treibhausgas, problematisch. Zudem haben Großprojekte wie diese zur Folge, dass finanzielle und andere Ressourcen auf Jahrzehnte in der Gewinnung fossiler Energien gebunden werden – der so genannte Carbon Lock-In. In dieser Zeit werden alternative Entwicklungspfade nicht beschritten. Für Argentinien liegen Berechnungen des Schiefergas-Potentials bis 2037 vor. Diese 30 Jahren haben wir aber nicht mehr, um das Klima zu retten.


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