(Fast) letzte Etappe auf dem Weg nach Paris – der Weg bleibt holprig und kann nur steil nach oben führen…

Es ist geschafft. Eine weitere Etappe auf dem langen und holprigen Weg von Durban 2011 bis Paris 2015 ist geschafft. In Bonn ging heute die 5-tägige und letzte Runde der ADP-Arbeitsgruppe der Klimarahmenkonvention zu Ende, die ein globales Klimaabkommen verhandeln soll, das nach 2020 in Kraft tritt.

Der Eklat zu Beginn der Woche kostete wertvolle Zeit, die am Ende gefehlt hat. Was nun vorliegt ist ein 55-seitiger Entwurf für ein Abkommen in Paris, der als Basis für weitere Verhandlungen und politische Gespräche (u.a. auf Minister/innenebene bei der sog. „Pre-Cop“ und beim G20 Gipfel) dienen soll, sowie weitere 8 Seiten Entwurf zusätzlicher Entscheidungen – zusammen soll das das „Paris Climate Package“ werden.

Von einem solchen Deal sind wir aber noch sehr weit entfernt. Offiziell ist weiterhin der im Februar vereinbarte 86-seitige „Geneva Text“ der offizielle Verhandlungstext. Aber immerhin gelang es diese Woche, den von allen Seiten stark kritisierten Text der beiden Co-Chairs der Arbeitsgruppe, der Anfang Oktober vorgelegt wurde, wieder zu einem Text zu machen, den die Delegationen als ‚ihren‘ anerkennen.

Das Misstrauen ist jedoch weiterhin groß – und nach dieser langen Woche in Bonn vielleicht sogar in vielen Punkten noch größer geworden. Der Text enthält viele offene Punkte, viele Optionen, einige Lücken und vor allem: viele offenen Fragen. In kaum einem entscheidenden Punkt sind sich die Industrie- und Entwicklungsländer politisch wirklich näher gekommen.

Das aber war auch von dieser Woche gar nicht zu erwarten. Es ging in erster Linie darum, mögliche Kompromisse auszuloten, Optionen für die Minister/innen und Regierungschefs und –chefinnen klar zu identifizieren und für alles die passenden Formulierungen zu finden.

Eine ganz wichtige Frage, die nun noch klarer als vorher als problematisch hervorscheint (sozusagen der „elephant in the room“) ist die Bereitstellung finanzieller Unterstützung der Industrieländer für die Entwicklungsländer – undzwar nicht nur in den kommenden wenigen Jahren, sondern glaubhaft, ausreichend, zusätzlich, vorhersehbar und zuverlässig auch nach 2020. Denn ab dann sollen und wollen ja alle Länder ihre Klimapläne umsetzen, die sie für Paris auf den Tisch gelegt haben (und noch legen werden).

Für die Entwicklungsländer ist klar, dass es dafür finanzielle, technische und weitere Unterstützung („means of implementation“) bedarf und die Industrieländer ihrer in der Klimarahmenkonvention festgelegten Pflicht in dieser Hinsicht nachkommen müssen. Dass diesbzgl. noch kaum ein Versprechen gehalten wurde in den letzten Jahrzehnten trägt ebenso wenig zur Vertrauensbildung bei wie die absolute Ablehnung reicher Schwellenländer, ebenfalls Finanzierungsverpflichtungen zu übernehmen.

Besonders kritisch wurde diese Woche zum Thema Klimafinanzierung von den Entwicklungsländern (als Block innerhalb der G77+China organisiert) der von der OECD Anfang Oktober präsentierte Bericht zum Stand der Erreichung des $100- Milliarden-Versprechens empfangen. Die Industrieländer hatten die OECD mit einer Analyse zum Zwischenstand bei der Klimafinanzierung beauftragt, um etwa die Behauptung in der Abschlusserklärung des G7-Gipfels zu untermauern, „dass wir und andere auf einem guten Weg sind, das Ziel von 100 Milliarden US-Dollar zu erreichen“.

Nun hat die OECD ihren Bericht vorgestellt – mit dem zentralen Ergebnis, dass die Klimafinanzierung in den letzten Jahren gewachsen ist, im Durchschnitt der Jahre 2013-2014 ein Niveau von 57 Mrd. US-Dollar erreicht hat und davon 71 Prozent in Form von öffentlichen Mitteln zur Verfügung standen.

Allerdings schließen diese Zahlen auch bilaterale, klimarelevanter. Zählt man nur die Maßnahmen, bei denen Klimaschutz oder Anpassung an den Klimawandel der Hauptzweck der Maßnahme waren, ergeben sich für 2013 nach der OECD-Datenbank nur noch 14,5 Mrd. US-Dollar, rechnet mein Kollege Jan Kolwazig von Oxfam vor. Außerdem sind hier ganz viele Gelder angerechnet, die alss Darlehen vergeben wurden, nicht als Zuschuss. Eigentlich sollten die Industrieländer die Hälfte der Gelder für Anpassung zur Verfügung stellen. Der OECD Bericht zeigt, dass es derzeit lediglich $1,5 Milliarden sind, wenn man nur die Zuschüsse zählt.

Neben ein paar neuen Abkürzungen (schon was von „surgical insertions in textual form“ SITF gehört? Oder von den POTODOSO Countries? ->Those in a „position to do so“), hinterlässt die ADP 2-11 Session in Bonn einen kleinen Vorgeschmack darauf, wie angespannt die Stimmung in Paris sein wird. Denn die Zeit drängt, die Realitäten des Klimawandels werden jeden Tag spürbarer, ein Scheitern kann sich niemand leisten – und doch gibt es so wenig Bereitschaft, aufeinander zuzugehen, dass es schwer bleibt zu glauben, dass wir am Ende der COP 21 mit einem globalen Deal nach Hause gehen können.

Bitter war auf jeden Fall die Tatsache, dass die Beobachter/innen aus der Zivilgesellschaft für die meisten informellen Sitzungen ausgeschlossen wurden – eine Praxis, die zwar mit geltenden Regeln innerhalb der UNFCCC vereinbar ist, auf Bestreben einer einzigen Regierung (Japan) diese Woche in Bonn durchgesetzt wurde und letztlich ein schlechtes Beispiel für die Implementierung der Klimarahmenkonvention darstellt, die für größtmögliche Transparenz und Partizipation wirbt. Auch hier ist noch viel Luft nach oben.


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