2019 verabschiedete die Europäische Union (EU) eine wegweisende Gesetzgebung zu Einwegplastik, die die EU-Länder dazu verpflichtet, bestimmte Einwegkunststoffe zu verbieten, den Verbrauch anderer zu reduzieren und erweiterte Systeme der Herstellerverantwortung einzuführen. Dies war ein bedeutender erster Schritt zur Reduktion von Einwegplastik und Plastikmüll.
Die Europäische Kommission entwickelt nun Leitlinien, um die Umsetzung der neuen Vorschriften in den EU-Ländern zu unterstützen, insbesondere durch eine detailliertere Festlegung, welche Einwegprodukte denn unter die Richtlinie fallen. Diese Leitlinien sind sehr wichtig, da sie u.a. die Wirksamkeit der Richtlinie bestimmen.
Allerdings laufen die derzeitigen Diskussionen in Brüssel nicht erfolgversprechend. Der aktuelle Entwurf der Leitlinien, der der Presse zugespielt wurde, lässt gefährliche Ausnahmen zu, die das eigentliche Ziel der Richtlinie untergraben. Zwei Beispiele:
Erstens definiert der Entwurf Kunststoff so, dass bestimmte Einwegprodukte aus Materialien wie Viskose und Zellophan nicht mehr unter die Richtlinie fallen würden. Bestimmte Arten von Tüchern und Menstruationsprodukten wären nicht mehr eingeschlossen, obwohl sie ähnliche Auswirkungen auf die Umwelt haben wie Hygieneprodukte, die unter die Gesetzgebung fallen. Strohhalme aus Zellophan wären weiterhin auf dem Markt erlaubt, auch wenn die Richtlinie Plastikstrohhalme eindeutig verbietet. Der derzeitige Wortlaut des Entwurfs würde das Verbot wirkungslos werden lassen.
Zweitens werden „Portions“-Kriterien verwendet, um bestimmte Arten von Verpackungen aus der Richtlinie auszuschließen. Dadurch würden alle Verpackungen und Tüten, die nicht als Einzelportionen gelten, aus dem Verbot fallen, also die meisten der in Europa erhältlichen Produkte. Dieses Kriterium würde die Tür zu weitreichenden Ausnahmeregelungen öffnen und Unternehmen bräuchten nur die Kennzeichnung ihres Produkts auf „2 Portionen“ erhöhen, um die Richtlinie zu umgehen.
Der aktuelle Entwurf der Leitlinien würde die EU-Richtlinie unterminieren und birgt das Risiko, einige der Regulierungen völlig nutzlos zu machen. Stattdessen müssen die Europäische Kommission und die EU-Mitgliedsstaaten die ehrgeizigen Ziele der Richtlinie aufrechterhalten und der öffentlichen Forderung nachkommen, auf Einwegkunststoffe zu verzichten und die Plastikverschmutzung zu stoppen!
Um genau das zu erreichen, schlägt die Zivilgesellschaft jetzt Alarm, denn voraussichtlich noch bis September werden die EU-Länder zu den Entwürfen konsultiert. Dann wird es ein Treffen zwischen der Europäischen Kommission und den EU-Ländern geben, um die Leitlinien im Oktober zu verabschieden.
Die Deutsche Umwelthilfe hatte bereits im Mai eine kritische Stellungnahme zum Entwurf der Einwegkunststoffverbotsverordnung veröffentlicht, die die EU-Einwegplastikrichtlinien Deutschland umsetzen soll. Das globale Netzwerk #breakfreefromplastic und die Allianz Rethink Plastic planen noch im August eine europaweite Petition, um den öffentlichen Druck auf die Politik zu erhöhen und zu verhindern, dass die Leitlinien in dieser Form verabschiedet werden.