Eine vor wenigen Tagen erschienene Analyse der Carbon Tracker Initiative zeigt: Die Öl- und Gasindustrie kann für die Zukunftsplanung ihres Geschäftsmodells nicht auf eine immer weiter wachsende Nachfrage nach den Grundstoffen für Plastik zählen.
Viele Öl- und Gasunternehmen bauen zur Zeit Infrastruktur zur Herstellung von Plastikgrundstoffen aus. Carbon Tracker schätzt, dass trotz bereits bestehender Überkapazitäten Investitionen in Höhe von weiteren 400 Milliarden Dollar geplant sind. Diese Investitionen sind vorgesehen in der Erwartung, dass der steigende Bedarf für Kunststoffe der größte Treiber für eine stetig wachsende Nachfrage sein wird:
Forecasts from BP and the IEA both see petrochemicals as the largest driver of expected oil demand, making up 95% and 45% respectively.
Auch die Umweltrechts-Organisation Client Earth hatte bereits im Juni darauf hingewiesen, dass Plastikproduktion als zukünftiges Geschäftsmodell für die großen Ölunternehmen der Plan B ist.
Gleichzeitig entstehen im gesamten Lebenszyklus von Kunststoffen hohe Kosten durch CO2-Emissionen, Gesundheitsschäden, Verschmutzung von Böden und Gewässern bis den Weltmeeren und für die Entsorgung. Diese Kosten (nach Berechnungen von Carbon Tracker mindestens 1.000 USD/ Tonne Kunststoff) werden von den Unternehmen nicht getragen sondern von der jeweiligen Gesellschaft – sie werden also aus Sicht der Unternehmen externalisiert und kommen in ihrer Kostenberechnung nicht vor.
Auf dieses Missverhältnis reagiert weltweit von Europa bis China die Politik: Regulierung und Eindämmung durch Besteuerung, Regelungen für nachhaltiges Produktdesign, Verbote beispielsweise von Einwegplastikprodukten und andere Maßnahmen werden in zahlreichen Ländern eingeführt. So trat in der EU im Juni 2019 die so genannte Single-Use-Plastics-Directive in Kraft. Durch diese Entwicklungen könnte der Höhepunkt der Nachfrage bereits in 2019 überschritten worden sein.
Das würde bedeuten, dass die riesigen geplanten Investitionen in Industrieanlagen und Infrastrukturen bald als „stranded assets“ enden, also bis zur Wertlosigkeit gesunkene Vermögenswerte. Und das ist nicht nur schlecht für Unternehmen und Investoren: Eine im Bericht zitierte Umfrage aus dem vergangenen Jahr kommt zu dem Ergebnis, dass mindestens 70 % der Verbraucherinnen und Verbraucher sich ein möglichst baldiges Verbot von Einwegplastikprodukten wünschen.
Also: Weg von linearen Systemen hin zur Kreislaufwirtschaft – das ist Zukunft.