Manchmal finden die wichtigsten Auseinandersetzungen in der Klimapolitik kaum öffentliche Beachtung. Dies betrifft insbesondere die europäische Gesetzgebung, die immer mehr den Takt vorgibt für die nationale und internationale Klimaschutzpolitik. Hier will ich auf zwei zentrale Gesetzgebungsverfahren hinweisen:
(1) In Brüssel fand am 28. Dezember vergangenen Jahres, schon im publizistischen Schatten der Bali-Konferenz, eine wichtige Abstimmung statt. Der Umweltausschuss des EU-Parlaments stimmte einem Vorschlag der Kommission für eine reformierte Richtlinie zur Treibstoffqualität zu.
Der Clou: Mit diesem Vorschlag soll die Industrie verpflichtet werden, die Treibhausgasemissionen je Liter Kraftstoff stetig zu senken, und zwar über den ganzen Herstellungszyklus hinweg. Das heisst, die gesamten Emissionen von der Förderung über den Transport und die Raffinerie müssen erfasst und gesenkt werden.
Die Bedeutung dieses Vorschlags liegt vor allem in der Abwehr einer großen Gefahr für das Klima: Angesichts historisch hoher Ölpreise und des absehbaren Endes des billigen Öls (peak oil) besteht nicht nur der Anreiz zum Energiesparen und zur Nutzung erneuerbarer Energien. Sondern es lohnt sich auch, Öl aus Ölsanden zu gewinnen, oder Kohle zu verflüssigen. Beides sind Prozesse mit einer extrem schlechten Treibhausgasbilanz. Bei Kohleverflüssigung rechnet man mit dem7-10fachen Ausstoss an CO2 im Vergleich zu Ölraffinierung (und mit einem Wasserbedarf von 5-18 Tonnen Wasser je Tonne Öl). Öl aus Ölsanden und Kohleverflüssigung sind wahre Klimakiller, die jedoch bei hohen Ölpreisen rentabel werden.
Mehr Informationen zur Kraftstoffrichtlinie der EU hier. Und hier die Stellungnahme von Claude Turmes, grünes Mitglied des Europaparlaments.
(2) Soeben ist in Brüssel der Entwurf für ein reformiertes europäisches Emissionshandelssystem durchgesickert. Problematisch ist dabei die unzureichende Ambition des Vorschlags: Nur um 20% gegenüber 1990 will man die Emissionen senken, gegenüber einer Verhandlungslinie in Bali, bei der die EU eine Reduktion von 25-40% für die Industrieländer vertreten hat, auf der Basis der IPCC-Ergebnisse. Hier springt die EU zu kurz gegenüber ihren eigenen Ansprüchen und unterminiert ihre Glaubwürdigkeit.
Positiv aber: Es gibt absehbar ein Ende des Verschenkens unserer Emissionsrechte. Ab 2013 sollen mindestens zwei Drittel der Emissionsrechte versteigert werden, und dieser Anteil soll bis 2020 auf 100% steigen. Ein deutliches Signal an RWE, Vattenfall und Co., das die Rentabilität von klimazerstörenden Kohlekraftwerken nachhaltig beeinträchtigen wird.
Auch interessant: Für energieintensive Produkte wird eine Ausgleichsabgabe an den Aussengrenzen der EU in Betracht gezogen. Jede eingeführte Tonne Stahl sollte dann bei der Einfuhr mit dem Gegenwert der Emissionen belastet werden, die in der EU bei der Stahlproduktion entstehen und im europäischen Emissionshandel als Kosten für die Stahlhersteller anfallen.
Lesen Sie dazu auch meinen Vorschlag für eine Reform des EU Emissionshandels nach dem Sky Trust Modell.
Beide Gesetzgebungsprozesse sind in Brüssel noch nicht abgeschlossen. Das Ringen der Lobbyisten geht weiter – Brüssel bedarf der kritischen Beobachtung durch eine aufmerksame Öffentlichkeit.