Gastbeitrag von Thomas Fatheuer
Wie alle Jahre wieder – auch die COP in Warschau ist eine großer Showroom. Nicht nur in den Verhandlungen, auch in den side–events spielt sich ein wichtiger Teil der Lebens während der COP ab. Hier lassen sich thematische Trends gut ausmachen.
Allgegenwärtig ist die Debatte über Märkte, ein High-Level Panel und unzählige side-events widmen sich der Frage, welche Rolle CO2 Märkte in einem künftigen Klimaregime spielen sollen. Auf den ersten Blick ist die Übereinstimmung überwältigend: fast alle einschlägigen Veranstaltungen betonen die Bedeutung von Märkten als zentraler Pfeiler der Klimapolitik. Märkte sollen wahre Wunder bewirken: Ambitionen stärken, Kosten reduzieren.
Tatsächlich sind die Prediger der carbon markets massiv in Warschau vertreten. Die vielen wohl unbekannte IETA – International Emission Trading Association – soll die grösste „NGO“-Delegation in Warschau stellen. Zu den Mitgliedern gehören unter anderem Shell, Rio Tinto, Vattenfall, BP und Morgan Stanley. In einer Welt voller Zweifel ist es schön, hier auf Menschen zu treffen, die klare Antworten haben. Wir brauchen einen globalen CO2 Markt und „ we desperadly need a global price on carbon“, wie eine Teilnehmerin auf einem IETA Event leidenschaftlich verkündete. Solche Botschaften sind allgegenwärtig. Ein Teil der REDD+ Community will Wälder in einen globalen CO2 Markt integrieren, um via Offsets Milliarden für den Waldschutz zu mobilisieren. Und auch der arg gebeutelte CDM (Clean Development Mechanism) gibt nicht auf: Nun sollen afrikanischen Frauen über effizientere Herde vom Holzsammeln befreit und mit CO2 Krediten gesegnet werden.
Doch, sind erst einmal optimistische Botschaften und Visionen verkündet, tun sich Abgründe auf. Denn um die CO² Märkte ist es nicht gut bestellt. Deren mit Abstand größte, der europäische Emissionsmarkt (EU – ETS), dümpelt mit eine Preis von 5 Euro pro Tonne vor sich hin. Der Preis ist so gering, dass er zu einem Klimarisiko wird: Kohleverbrenner können sich so billig mit Krediten eindecken, dass der Einsatz von Kohle steigt. In der Sprache der Ökonomen ist das Problem eine Überangebot. Die schlechte Nachricht ist, dass angesichts der schwachen Wirtschaft im EU Raum keine Änderung in Sicht ist, selbst nicht durch kurzfristige Korrekturen (Backloading). Einen Konsens, wie das Dilemma gelöste werden soll, gibt es nicht. Ein Lösung könnten ambitionierte Reduktionsziele in eine Post 2020 Abkommen sein. Aber da fehlt nun doch der Glaube.
Dennoch, die Hoffnung stirbt zuletzt: der Ausweg ist die Proliferation nationaler oder subnationaler Märkte und die Einbeziehung von neuen Sektoren (Luftfahrt). Somit kommen langsam aber sicher immer mehr Emissionen unter ein Marktregime. Tatsächlich entstehen zahlreiche neue Märkte: Quebec, Kalifornien und Neuseeland sind jetzt im Klub, Kazakhstan soll bald dazukommen. China ist von der Pilot- in eine Implementierungsphase eingestiegen. Hier ergeben sich, so betonen die Marktgläubigen immer wieder, aufregende (exciting) Perspektiven. Diese Vielzahl von CO2 Märkten können dann verbunden werden (Linking lautet das Schlüsselwort). So können Standards verbessert und globalisiert werden, also ein bottom-up Ansatz, um Märkte zu entwickeln.
Sollte so die Zukunft der globalen Klimapolitik aussehen? Zumindest gibt es, das ist in Warschau sichtbar, zahlreiche Akteure, die in diese Richtung arbeiten. Diese neuen Klimaschützer/innen wollen aus CO2 ein global handelbare Ware (commodity) machen und sehen im Klimawandel eine business opportunity. Die Antwort auf die Frage, ob dies mit der Abwendung eines gefährlichen Klimawandels kompatibel ist, muss man in anderen side-events suchen.