Was bringt 2009?

Nach einer eher düsteren Bilanz des Jahres 2008 steht nun ein Blick nach vorne an: Was bringt 2009 in der internationalen Klimapolitik?

Das wichtigste Datum ist Kopenhagen/der G8-Gipfel gleich der 20. Januar. Dann übergibt the man who has doomed the planet/the worst President in American history sein Amt an die bestpräparierte Mannschaft seit langem. Doch bleibt offen, ob das Obama-Team erst einmal das „heimische Terrain“ bespielen wird, sich durch ambitionierte Gesetzesvorhaben zuhause die Grundlage schaffen will, um dann einen internationalen Vertrag mit der Gewissheit unterschreiben zu können, dass man die Bestimmungen auch umsetzen können wird. Und auch intern zeichnen sich in der Obama-Administration Spannungen zwischen klimapolitischen Antreibern und Bremsern ab. Insofern steht über ihrer Führungskraft im internationalen Prozess noch ein grosses Fragezeichen.

Die EU ist dagegen wahrscheinlich durch Wahlkämpfe stark gehandicapt. Wahlen zum neuen EU-Parlament, eine neue EU Kommission, und Wahlen in Deutschland beschäftigen die Politik weitgehend. Da wird die Arbeitsebene den Karren über weite Strecken ohne die politische Führung ziehen müssen. Doch sie kann nur innerhalb politischer Vorgaben verhandeln.

Ihren „Fahrplan“ für die Klimaverhandlungen beschliesst die EU auf dem Frühjahrsgipfel im März, unter tschechischer Präsidentschaft. Eine Mitteilung der EU-Kommission, insbesondere hinsichtlich des entscheidenen Finanzierungsteils für Klimaschutz und Anpassung im Süden, ist in Vorbereitung und soll Ende Januar zur Diskussion gestellt werden. Es würde mich nicht wundern, wenn die EU zwar formal am 2-Grad-Limit festhält, es dann aber nicht mit ausreichenden Finanzangeboten unterfüttert. Nach dem bekannten Motto: Als Tiger gebrüllt, als Hauskatze gesprungen, und als Bettvorleger gelandet. Oder auch: Sich hohe Ziele setzen, aber dann andere dafür zahlen lassen. Kein Wunder, dass die Entwicklungsländer bisher zögerlich sind, das 2-Grad-Limit oder die Halbierung der globalen Emissionen bis 2050 zu unterschreiben, solange unklar bleibt wer die Rechnung bezahlt.

Bei den UNFCCC-Verhandlungen tickt die Uhr für den Kopenhagen-Gipfel (s.o.). Zwei Verhandlungsrunden in Bonn (29.3.-8.4. und 1.-12.6.) sollen dem Vorsitzenden der Arbeitsgruppe AWG-LCA, Michael Zammit-Cutajar, die Grundlage für einen Verhandlungstext liefern. Im August sollen die Verhandler über diesen Entwurf beraten, bevor dann am 7.-18. Dezember schliesslich der Kopenhagen-Gipfel Entscheidungen fällen wird. Die dänischen Gastgeber sind gut präpariert und nehmen ihre Gastgeber-Rolle sehr ernst. Und doch stellt sich die Frage, ob Kopenhagen mehr als nur einen Rahmen liefern kann, der dann in Südamerika (COP 16, 2010) und Südafrika (COP 17, 2011) ausgefüllt wird.

Voraussichtlich kann der UNFCCC-Prozess aus sich heraus nur ein schwaches Abkommen generieren, schlimmstenfalls ein Placebo für echte Klimapolitik. Ohne politische Impulse von politisch höher aufgehängten, meist informellen Foren ist mehr nicht zu erwarten. Doch hier wird es unübersichtlich:

Am 2. April tagt die G20 unter britischem Vorsitz. Ursprünglich ist es ein Forum der Finanzminister von 20 „systemisch wichtigen Industrie- und Entwicklungsländern“, das globale Wirtschaftsfragen diskutierte. Im Zuge der Finanzkrise hat am 15.-16.11. in Washington das erste Treffen auf der Ebene der Staats- und Regierungschefs stattgefunden. Auch das Treffen am 2. April wird ein Gipfeltreffen sein. Nachdem eine Zeitlang spekuliert wurde, dass die G20 sich auch der Klimapolitik annehmen würde, scheint nun die Finanzkrise alles andere zu verdrängen. (Mehr zur G20).

Auch der G8-Gipfel bietet eine Chance, unter den größten Wirtschaftsmächten klimapolitische Impulse zu liefern. Italien hat den Vorsitz, und lädt ausser den G8 (Deutschland, Frankreich, Großbrittanien, Italien, Japan, Kanada, Russland, USA und die EU) noch die G5 (Brasilien, China, Indien, Mexico, Südafrika) und als weitere große Ökonomien Australien, Indonesien und Südkorea ein. Auch Ägypten scheint als weiteres afrikanisches Land eingeladen zu werden. Ein revitalisierter MEM-Prozess zeichnet sich ab. Als Major Economies Meeting hatte Bush diese Treffen initiiert. Sie standen aufgrund ihres Ursprungs im Ruf, ein Ablenkungsmanöver gegenüber den UNFCCC-Verhandlungen zu sein. Dies könnte sich unter Obama ändern.

Die Klimapolitik steht zwar auf der Agenda des G8-Gipfels. Doch auch hier finden sich große Unwägbarkeiten. Vom Gastgeber Berlusconi ist wenig Positives zu erwarten. Mit einem Energy Summit im Frühjahr wird er wahrscheinlich v.a. sein Faible für Atomenergie pflegen.

Doch wenn die Obama-Administration und die EU klimapolitisch ambitioniert sind, wird Berlusconi sie hoffentlich wenigstens nicht bremsen. Möglicherweise kann auch Tony Blair eine positive Rolle spielen, der aus seiner aktiven Zeit als Premier eine gute persönliche Beziehung zu Berlusconi aufweisen kann. Er hat mit „Breaking the Climate Deadlock“ eine ambitionierte Klima-Initiative gestartet.

Schliesslich kann im Herbst noch eine Sondergeneralversammlung der Vereinten Nationen erwartet werden. Ban Ki-Moon wird den Versuch starten, den Staats- und Regierungschefs noch etwas mehr klimapolitische Ambitionen zu entlocken.

All die Prozesse stehen jedoch wegen der Wirtschaftskrise unter keinem einfachen Vorzeichen. Nur wenn sich die Erkenntnis durchsetzt, dass Klimapolitik als „Green New Deal“ Bestandteil eines Programms zur Überwindung der Wirtschaftskrise sein muss, haben wir in diesem Jahr eine Chance auf klimapolitische Fortschritte.

Und nur wenn die Politik spürt, dass Bürger ambitionierte Klimapolitik einfordern, wird sie sich bewegen.

Klimaschutz ist kein Zuschauersport.

Lesetipp: Tom Burke im Independent: War passes: The climate ist forever


Tags: